Gilera ist einer der ältesten italienischen Motorradhersteller.
Gilera baute als erster Hersteller Vierzylindermotoren in Motorradrahmen
quer ein.
Der Anfang
Die Geschichte Gileras geht auf die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Die erste Entwicklung Giuseppe Gileras war im Jahr
1909 die
VT 317. Sie besaß einen von Gilera selbst entworfenen und gebauten Einzylindermotor mit ca. 7 PS, implantiert in eine Art Fahrradrahmen. Dieser Maschinentyp wurde für diverse Rennveranstaltungen (Bergrennen oder lokale Straßenrennen) eingesetzt. Die Entwicklung dieser Einzylinder setzte sich über Modelle wie
3,5 HP Tourismo von
1920, die
VLSS von
1925, die
VL und
VT Modelle in den Jahren
1930-1938 fort. Ein vorläufiges Ende dieser Entwicklung setzte die
VTE Otto bulloni ca.
1940. Diese Maschine war damit auch der unmittelbare Vorgänger der erst nach dem Krieg gebauten
Saturno. Der Begriff
Otto bulloni steht für die acht Schrauben mit denen der Zylinder mit dem Motorblock verschraubt war.
Die Entstehung des Vierzylinders
Während Giuseppe Gilera mit dem Ausbau seiner Fertigungsstätten in der Nähe von Mailand beschäftigt war, wurde
1923 von zwei
frischgebackenen italienischen Ingenieuren, Carlo Gianini und Piero Remor, ein Prototyp eines Vierzylinder-Reihenmotors entworfen und gebaut. Dieser Motor, ausgestattet mit einer obenliegenden Nockenwelle, hatte 490 cm³ Hubraum und ca. 28 PS. Ein Jahr nach Fertigstellung dieses Motors fand ein weiterer Motorrad-Enthusiast, Graf Giovanni Bonmartini, seinen Weg zu den beiden Ingenieuren. Das erste komplette Motorrad wurde noch im gleichen Jahr fertiggestellt. Es war die
GRB-Vierzylinder, benannt nach den Initialen des Trios. Durch erhebliche Finanzprobleme der Freunde wurde jedoch der Weiterentwicklung dieses Motorrads ein Ende gesetzt.
Graf Bonmartini, Besitzer der Flugzeugfabrik CNA, übernahm im Folgenden die gesamten Rechte an diesem Vierzylinder-Projekt. Gianini wurde als Ingenieur bei ihm angestellt und mit der Entwicklung von Flugmotoren betraut. Eine Weiterentwicklung des Motorradmotors fand erst wieder im Jahr
1934 statt. Dazu wurde ein weiterer Ingenieur und begnadeter Fahrer ins Boot geholt, Piero Taruffi. Der Motor erhielt nun zwei obenliegende Nockenwellen, eine vollständige Wasserkühlung und einen Kompressor. Die Leistung konnte durch diese Maßnahmen auf ca. 60 PS bei 8500 U/min erhöht werden. Im Jahr
1934 verkaufte Graf Bonmartini jedoch seine Fabrik an Caproni, einen weiteren italienischen Flugzeughersteller. Caproni, nicht an den Motorradentwicklungen interessiert, suchte wiederum einen Käufer für diesen Teil der CNA.
Zu diesem Zeitpunkt kam Giuseppe Gilera ins Spiel und übernahm die Motorradprojekte der CNA. Piero Taruffi wechselte bei diesem Verkauf mit zu Gilera und bekam somit die Möglichkeit, unter professionellen Bedingungen die Weiterentwicklung voranzutreiben. Der Motor, das Getriebe und das Fahrwerk erhielten Verbesserungen. Erfolge in internationalen Rennen belegen diese Entwicklung. Zwischen
1935 und
1937 hielt die
Rondine, eine vollverkleidete Vierzylindermaschine, den Geschwindigkeitsrekord mit 244 km/h. Wie in vielen anderen Fällen stoppte auch hier der Zweite Weltkrieg ein weiteres Vorankommen.
Die 500er Vierzylinder dominierten aber auch nach dem Krieg die Königsklasse. Da der Einbau von Ladersystemen verboten wurde, blieb Gilera nichts anderes übrig, als die Motoren komplett neu zu entwerfen. Die Entwicklung der Motorräder gelang so gut, dass die GP-Gilera sechs Weltmeistertitel in sieben Jahren einfahren konnten. Insgesamt wurden mit diesen Maschinen 44 Rennen gewonnen. Fahrer dieser Ära waren, um nur einige zu nennen, Nello Pagani, Umberto Masetti, Libero Liberati und Geoff Duke.
Diese Vierzylinder-Technologie wurde später an MV Agusta verkauft und erlangte mit dieser Firma endgültig Weltruhm.
Die Piaggio-Aera
In den
80er-Jahren erweckte Piaggio den Namen Gilera wieder zu neuem Leben: Begonnen wurde dieser Neustart im Motorradbau mit der Entwicklung eines modernen Einzylindermotors mit Wasserkühlung und Vierventiltechnik. Dieser Motor erhielt als erster Serieneinzylinder einen Zylinderkopf mit
zwei Nockenwellen. Es wurde vorerst eine Motorversion mit 350 cm³ fertiggestellt. Erste Verwendung fand der Motor in der Enduro Dakota 350. Spätere Versionen mit 560 cm³ fanden in den RC 600 Enduros Verwendung, mit denen mehrere Siege bei der Paris-Dakar, speziell in der Silouette-Klasse (seriennah), eingefahren wurden.
Eine Wiederauflage der legendären Saturno verdanken wir der japanischen Handelsgesellschaft C. Itoh & Co, die ihren heimischen Kunden ein exklusives Motorrad aus traditionsreicher europäischer Produktion bieten wollte. Mitbeteiligt an der Entwicklung dieser Maschine war kein Geringerer als Sandro Colombo, der in den
50er-Jahren als Chefingenieur der Rennabteilung bei Gilera tätig war. Gebaut wurde die Saturno vorerst ausschließlich für Japan mit 350 cm³ (wegen der japanischen Hubraumbeschränkung bei Motorrädern (400 cm³)). Die Saturno fand aber nach einigen Verhandlungen in geringer Stückzahl auch den Weg in den europäischen Markt. Für Europa wurde das Motorrad mit einem 500-cm³-Motor ausgestattet. Eine Rennversion der Saturno mit dem Namen
Piuma (Feder) ist später auch in kleiner Auflage hergestellt worden.
Weiterhin baute Gilera die sogenannten Supermoto bzw. Funbikes als Erste in Serie: Die
Nordwest kann als der Ursprung der serienmäßigen Supermoto-Motorräder angesehen werden. Diese umgebauten Enduros erhielten straßentaugliche Felgen, Fahrwerke und Bremsanlagen.
Heute werden unter dem Namen Gilera nur Roller und Kleinkrafträder hergestellt.